Vorabkontakt per Email*
Yuna meldet sich eines Tages bei Email bei mir, weil sie eine seelsorgerlich-psychologische Unterstützung wünscht.
Sie beschreibt, dass sie nach einer sehr problematischen Erfahrung mit einer religiösen Gemeinschaft Schwierigkeiten hat, ihren Alltag zu bewältigen. Die Gemeinschaft hat sie inzwischen verlassen, kämpft aber mit Schuldgefühlen und starker Zukunftsangst. Auch scheinbar ganz banale Dinge wie der Haushalt fallen ihr schwer. Eine berufliche Perspektive findet sie überhaupt nicht mehr. Ihr Selbstvertrauen ist nachhaltig erschüttert und sie sucht seelsorgerliche Hilfe – ausdrücklich außerhalb des “Systems” wie sie es nennt. Da Yuna finanziell wenig Möglichkeiten hat, vereinbaren wir Soziales Honorar und Ratenzahlung.
Um Betroffenen eine Idee zu geben, wie es ablaufen kann, beschreibe ich 5 exemplarische Sitzungen. Allerdings ist jede einzelne Begleitung so individuell wie der Mensch, den sie betrifft.
1/5: Krisenintervention und 360° Beratung
Beim ersten Treffen stelle ich Yuna vor allem meine Lotsenkompetenz zur Verfügung:
- Seelsorgerin mit 30 jähriger Erfahrung
- Fachwirtin im Sozial- und Gesundheitswesen
- Master in Religion und Psychotherapie
- Coach und Supervisorin
Die praktische Tätigkeit in unterschiedlichen Beratungskontexten, gute Kenntnis der gemeindenahen psychiatrischen Angebote in Köln und praktische Erfahrung in der sozialen Arbeit sowie meine eigene Forschungsarbeit zu Existenzieller Angst und Spiritualität am Marburger Institut für Religion und Psychotherapie (MIRP) bieten einen guten Hintergrund, um komplexe Probleme aus unterschiedlichsten Perspektiven zu beleuchten, zu sortieren und so über eine 360°-Beratung bei der Orientierung zu helfen.
Vieles von dem, was Yuna schildert, kann i.d.R. gut über eine krankenkassenfinanzierte Psychotherapie oder andere kostenlose Hilfen begegnet werden. Ich nenne ihr die Kontaktdaten von kassenzugelassenen christlichen Psychotherapeuten, und berate sie zu unterschiedlichen Therapieansätzen. Für Vertiefung verweise ich auf die Infoseite “www.therapie.de” und kostenlose Beratungsangebote der Kirchen sowie Sozialpsychiatrische Zentren und Selbsthilfegruppen und empfehle ihr eine fachärztliche Diagnostik.
Außerdem sprechen wir über die Möglichkeit, Hilfen im Rahmen des Sozialgesetzbuches zu erhalten (Arbeitslosengeld, Wohngeld u.ä.). Zur Vertiefung gebe ich Yuna die Kontaktadressen der zuständigen Beratungsstellen mit sowie Infos zu EUTBs (Ergänzende Unabhängige Teilhabeberatungsstellen) in Köln.
Soweit so gut. Der weitaus wichtigere Teil unseres ersten Treffens ist das Zuhören. Und während Yuna ihre Geschichte erzählt, vor allem schweigendes Zuhören. Hier bin ich weniger in meiner Rolle als professionelle Beraterin gefragt, sondern als Mitmensch, Peerbegleiterin und später als Mentorin. Als eine, die an vielen Stellen weiß, wovon Yuna redet und die weiß, dass der Weg in die Autonomie lang und anstrengend sein kann und mit Angst, Wut, Trauer und Mühe, Hoffen, Hinfallen und immer wieder aufstehen verbunden ist. Aber … oh, so lohnend!
Wie bei so vielen mit einer ähnlichen Geschichte hat Yuna bereits eine echte Heldenreise hinter sich und ich kann ihr gut spiegeln, was ich alles an Kompetenzen und Ressourcen bei ihr wahrnehme, die ihr auch bei den nächsten Schritten helfen werden. Wir vereinbaren, ihrer Heldenreise im nächsten Gespräch noch weiter nachzuspüren. Für heute ist es wichtig, noch einige praktische Coping-Strategien zu besprechen, falls Negativ-Erinnerungen sie überfluten und Hoffnungslosigkeit sie packen will.
Eine Positionierungskarte für eine ungewollte Heldenreise nach spiritueller Erschütterung können Sie hier herunterladen.
2/5: Eine ganz besondere Heldenreise
Im Rahmen eines wertschätzenden Interviews arbeiten wir heraus, welche Ressourcen Yuna alle brauchte, um nach Deutschland zu kommen, ihr Studienfach zu finden, neue Menschen kennenzulernen uvm. Auch die Zeit in der Gemeinschaft spielt eine wichtige Rolle, denn die Kraft und die Fähigkeiten, die Yuna brauchte, um dort aktiv zu sein, sind beeindruckend. Wir sammeln alles auf einem großen Ressourcenrad und überlegen, was ihr von diesen Fähigkeiten helfen wird, ihr Leben wieder neu aufzubauen. Und da kommt eine ganze Menge zusammen!
Auf ihrer Heldenreise ist ihr vieles begegnet: Herausforderungen, Siege, Niederlagen, Glücksgefühle, Gefährten, Mentoren, Widersacher, Helfer und wir skizzieren alles auf einer Lebenskarte ein. Auch die traurigen Erlebnisse finden in dieser und weiteren Sitzungen ihren Raum. Für die Trauerarbeit wünscht sich Yuna eine Klagemauer, an der sie Verluste zusammenträgt.
Die zusammen begonnenen Plakate nimmt Yuna mit nachhause, um alleine und mit einer Verwandten aus Korea zusammen daran weiterzumachen. Diese Rückschau, Trauerarbeit und Ressourcenaktivierung ist wichtig und wird einen gebührenden Raum einnehmen, bevor es mit neuer Kraft in die Zukunft gehen kann.
3/5: Spiritualität als Ressource
Yuna hat in der Zwischenzeit die Zusage ihrer Krankenkasse für eine Verhaltenstherapie bekommen, die sie in 2 Wochen beginnen kann. Dadurch können wir uns auf den Bereich konzentrieren, der Yuna gerade am schwersten fällt. Früher hat sie gerne gebetet, sie hat sich in Gott geborgen gefühlt und hat mit anderen Gläubigen zusammen schöne Zeiten von Gemeinschaft gehabt. Gerade für sie, die aus einer kollektivistischen Gesellschaft stammt, war es selbstverständlich, sich dem größeren Ganzen intensiv zu verpflichten. Durch den Wegfall der gemeinsamen Identität vermisst sie nicht nur soziale Kontakte, sondern sieht sich ihres Lebenssinns beraubt.
Ihre früher stärkste Ressource Spiritualität steht ihr nicht mehr zur Verfügung. Zumindest fühlt es sich für sie so an. Ich führe ein Glaubensinterview mit ihr: Wie sah ihr Glaube im Verlauf Ihres Lebens aus? Welche Veränderungen hat sie schon alle erlebt? Wovon ist sie immer noch überzeugt und was steht zur Zeit zur Disposition? Wir überlegen gemeinsam: Was ist denn überhaupt heiliges Leben? Wie denken andere darüber? Welche spirituellen Konzepte sind ihr bekannt? Und wie fühlt sich Yuna dabei? Ich ermutige sie, aus der Vielfalt religiöser Erfahrungsmöglichkeiten das zu wählen, was für sie heute stimmig ist, um so ihren eigenen Weg zu finden.
Es stellt sich heraus, dass Yuna im Lauf ihres Lebens schon häufiger spirituelle Lernerfahrungen hatte und ihr Glaube sich schon öfter gewandelt hat. Ihre unterschiedlichen Gottesbilder malt sie auf und wir sprechen darüber. Interessant ist, wie die Änderungen sich beim Erzählen auch in Yunas Gestik ausdrücken. Wir machen eine Aufstellung mit Gliederpuppen aus Holz und ich ermutige Yuna, die einzelnen Gebetspositionen, die sie stellt, praktisch in Körpergebeten (Embodied Prayer) umzusetzen.
Yuna hilft es sehr, ihre inneren Haltungen auch körperlich auszudrücken und so erarbeiten wir gemeinsam ein Spirituelles Embodiment zu einem Bibelvers, der ihr sehr bedeutsam ist.
4/5: Die Weisheit des Labyrinths
Über das Embodiment hat Yuna auf intuitive Weise wieder stärkeren Zugang zu ihren spirituellen Quellen gefunden und hat sich im Internet weitere Anregungen für Körpergebete geholt. Bei den Kontaktdaten aus unserem ersten Treffen hat sie ein Angebot zum meditativen Tanzen entdeckt und sich für einen Termin angemeldet.
Yulia erzählt, dass es ihr oft schwerfällt, Geduld mit sich zu haben. Manchmal denkt sie: Jetzt bin ich endlich so weit, dass ich wieder voll durchstarten kann und dann kommen wieder emotionale Rückschläge. So gerne wäre sie weiter und würde auch gerne wieder arbeiten gehen, aber sie fühlt sich noch zu schwach dazu. Allerdings helfen ihr unsere Treffen, die Psychotherapie, ihre Verwandte und auch die Gemeinschaft, die sie beim meditativen Tanzen erlebt hat.
Wir arbeiten heute mit einem Fingerlabyrinth aus Holz und Yuna folgt mit den Fingern den Spuren des Labyrinths. Mit geschlossenen Augen spürt sie den Wendungen und Kurven nach, die mal näher zur Mitte zu führen scheinen und dann wieder ganz weit nach draußen. Manches erinnert sie an konkrete Situationen aus ihrem Leben. Und sie stellt etwas zutiefst lebenstypisches fest: Leben verläuft selten geradlinig auf ein Ziel zu, sondern gerade Strecken, Bögen und Kurven, auch Wendungen wechseln sich beständig ab. Damit Yuna zuhause die Arbeit mit dem Labyrinth fortsetzen kann, stelle ich ihr verschiedene Möglichkeiten vor, ein Labyrinth mit Steinen, Reiskörnern o.ä. nachzubauen oder auch an einem Strand Spuren in den Sand zu ziehen um es dann abschreiten zu können.
5/5: Entscheidungskompetenz
Yuna kommt in den nächsten Monaten nach und nach wieder zu Kräften, kann ihre Situation besser einschätzen und hat auch neue Kontakte geknüpft. Allmählich geht es für sie darum, wieder in eine Arbeitsstelle zurückzukehren. Über die Arbeitsagentur wird ihr ein Jobcoaching angeboten, das sie auf Bewerbungen vorbereitet. In der Therapie lernt sie, mit schwierigen Erlebnissen umzugehen und ihre Emotionen gut zu steuern. Auch der Austausch in ihrer Selbsthilfegruppe hilft ihr. Doch bei der Arbeit mit Glaubenssätzen und Verantwortungsübernahme für eigene Entscheidungen bleibt sie in der Therapie hängen. Wie kann sie ihre frühere Überzeugung zu göttlicher Führung integrieren?
Wir treffen uns, um die Frage der Gottesführung aus mehreren Perspektiven zu beleuchten. Wie erlebt sie das bisher? Wie hat sich ihr Erleben seit ihrer spirituellen Krise verändert? Was braucht sie, um sicheren Schrittes vorangehen und Entscheidungen treffen zu können? Und was würde schlimmstenfalls passieren, wenn sie einen Fehler macht? Noch wichtiger: Was bitte, ist ein Fehler in diesem Kontext? Welche Vorbilder kommen ihr in den Sinn?
Ich unterstütze sie mit Impulsen aus der Religionspädagogik zu Glaubensstilen und Glaubensentwicklung und aus der Religionsphilosophie in Bezug darauf, wie Menschen zu allen Zeiten über Spiritualität und Gott nachdachten. Wie sind unsere Gottesrede und christliches Gottesbild überhaupt entstanden? Und wie gehen Religionen mit spirituellem Erleben um, die kein personales Gottesbild haben? Bildung hilft, aus der Enge in die Weite zu kommen und von Erfahrungen und Überlegungen anderer zu profitieren. Dennoch führen Lernerfahrungen (v.a. krisenhafte) zu Unsicherheit und erschüttern unsere Sicht auf die Welt.
Aus ihrem Ressourcenrepertoire kommt Yuna ein Bild aus der Bibel zur Hilfe und sie beschreibt: “Es fühlt sich ein bisschen so an, wie auf Wasser zu laufen. Der Boden scheint sich unter meinen Füßen zu bewegen.” In einer Mischung aus Bibliodrama und Imaginationsübung spüren wir dem Bild nach und dabei wird Yuna bewusst: “Das Wasser, der See ist zwischen den Ufern zweier stabiler Orte. Und auf dem Weg von einem zur anderen Ufer bin ich nicht allein!”
Den Rest der Sitzung verwenden wir auf die Entwicklung von Entscheidungskompetenz. Wir sprechen über Werte, die Yuna wichtig sind und sammeln Möglichkeiten, die sie hat. Die Möglichkeiten notieren wir auf Karten und nutzen sie als Bodenanker für ein Tetralemma. “Sowohl als auch” lautet schließlich Yunas neue Devise.
Wichtig: Das hier geschilderte Beispiel und die 5 Sitzungen sind ein Auszug. Häufig kommen weitere Themen ins Blickfeld wie z.B. Selbstwert, Emotionsregulation, Akzeptanz, Werten des Erlebten und Integrieren, Vergeben und Loslassen, Erlernte Hilflosigkeit und Empowerment, Zuversicht und positive Erwartung, Schuld und Schuldkompetenz, Umgang mit Triggern im Alltag, Sinn und Motivation neu entdecken, Selbstführungskompetenz u.ä. In der Regel sind das typische Themen für die Psychotherapie, können aber teilweise auch im Rahmen von Coaching, Supervision oder Seelsorge bearbeitet werden.
Alles hat seine Zeit
“Alles hat seine Zeit seine Zeit, weinen hat seine Zeit, klagen hat seine Zeit, schweigen hat seine Zeit, Friede hat seine Zeit.”
(Die Bibel, Auszug aus Prediger 3,1)
Spiritualität und Religion
Laut Bertelsmann Religionsmonitor erleben religiöse Werte ein Comeback. Zwar soll sich die Zahl der Kirchenmitglieder bis 2060 halbieren, doch damit verschwindet Religion nicht einfach, sondern sie verändert ihre Form. Das spirituelle Erleben wird vielfältiger und bunter, synkretistischer und eigenständiger. Glaube wird auch jenseits etablierter Religionsgemeinschaften nach wie vor häufig als tragfähiges Element der Lebensgestaltung beschrieben. Nach dem zeitgenössischen Philosophen Jürgen Habermas bietet Religion Orientierung vor allem in Sinn‑, Moral- und Wertfragen. Doch nicht alle Menschen erleben Glauben und religiöse Pluralität als hilfreich und lebensfördernd.
Durch die NRW-Sekteninfo wurden im Jahr 2020 insgesamt 1078 Anfragen registriert, dabei stehen Fragen zu Psychogruppen an erster Stelle, gefolgt von Anfragen zu fundamentalistischen Gruppen (v.a. christlicher Fundamentalismus).
Im Kölner Raum wurde insbesondere durch den Missbrauchsskandal der katholischen Kirche und durch zahlreiche Publikationen der letzten Jahre der Fokus auf Schäden spirituellen Missbrauchs auch innerhalb etablierter Religionsgemeinschaften gerichtet. Gerade das Vakuum, das durch den Image- und Vertrauensverlust in die traditionellen Sinnangebote entsteht, wird immer häufiger durch Verschwörungstheorien, Sekten und Psychokulte bedient. Und die Gefahr, durch spirituellen Missbrauch systematisch von der Gesellschaft abgegrenzt zu werden, ist in Zeiten von Corona, existenziellen Ängsten und Einsamkeit eher noch größer geworden.
Unter anderem das „Marburger Institut für Religion und Psychotherapie (MIRP)“ forscht zum Thema Pathologische Religiosität und Folgen spirituellen Missbrauchs sowie Folgeschäden von Sektenmitgliedschaft, bzw. geschlossenen religiösen Gemeinschaften und stellt, ebenso wie die Zentralstellen für Weltanschauungsfragen, Informationsmaterial zur Verfügung.
Was versteht man unter spirituellem Missbrauch?
- die Verletzung spiritueller Autonomie (Wagner 2019),
- welche z.B. im Kontext eines geistlichen Umfeldes stattfindet (Tempelmann 2007)
- oder auf religiösem Machtmissbrauch basiert (Kessler 2021)
- und die Entwicklung einer reifen, eigenständigen Persönlichkeit erschwert.
Spiritueller Missbrauch führt nicht zwangsläufig zu sexuellem und finanziellem Missbrauch, kann diese aber durch religiöse Manipulation und Machtgefälle begünstigen.
“Spiritual Care hilft dabei, eine authentische Spiritualität zu entwickeln, selbstbestimmt den eigenen Weg zu gehen und die Fähigkeit zu trainieren, Übergriffe erfolgreich abzuwehren.”
Mögliche Folgeschäden spirituellen Missbrauchs
Psychologische Folgen spirituellen Missbrauchs entsprechen v.a. Traumafolgeschäden, wie z.B. Selbstwertprobleme, Misstrauen, existenzielle Ängste, Dissoziation, Floating- und Flashback-Erlebnisse, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen, Schlafstörungen und Albträume, langanhaltende Intrusion und Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sowie Perspektiv- und Orientierungslosigkeit, Angststörungen und Depression.
Soziale Beeinträchtigungen umfassen Schädigung oder Verlust des bisherigen Sozialgefüges (Kirche, religiöse Gemeinschaft, Sekte, weltanschauliche Organisation), z.T. Kontaktabbruch zu bisherigem Freundeskreis und Familie, Vereinsamung, Entfremdungs- und Isolationsgefühle, Kommunikationsstörung, Unfähigkeit zu sozialer Teilhabe, Einschränkung bei eigeninitiativer Freizeitgestaltung, Schwierigkeiten bei beruflicher Identität sowie beruflicher Teilhabe uvm.
Somatische Erkrankungen stehen häufig in engem Zusammenhang und können alle bekannten somatischen Stressfolgen bis hin zu Suizid umfassen. Daneben sind Störungen des Sexuallebens und mangelnder Zugang zum eigenen Körperempfinden häufige Folgeschäden sexuellen Missbrauchs im religiösen Setting, aber auch rigider Sexualmoral.
Spirituelle Schäden umfassen den Verlust des bisherigen Sinn- und Wertesystems, die Wahrnehmung und Einordnung spirituellen Erlebens, problematische Gottesbilder sowie existenzielle Ängste, die sich im Gefühl völligen Getrenntseins vom Leben selbst äußern und ein freies, authentisches Leben verhindern.
Die Folgeschäden (psychisch, sozial, somatisch und spirituell) können sich chronifizieren und zu einer lebenslangen Behinderung führen. Obwohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die spirituelle Dimension menschlicher Gesundheit in den vergangenen Jahren vermehrt berücksichtigt hat und obwohl Diagnosen zu spirituellen Schädigungen Gegenstand psychotherapeutischer Behandlung wurden (z.B. ICD F44.x, DSM‑V 62.89), ist es für Betroffene spirituellen Missbrauchs nach wie vor schwierig, geeignete Beratungsangebote zu finden.
Aufgrund des komplexen Beratungsbedarfs sind neben entsprechender Milieukenntnis i.d.R. interdisziplinäres Knowhow – u.a. in Psychologie und Religion – notwendig.
Betroffene fordern seit Jahren unabhängige Anlaufstellen ähnlich einer Mobbingfachstelle oder unabhängigen Revisionsstelle neben den bereits etablierten trägerorientierten Beratungsstellen. Es ist notwendig, Erfahrungen spirituellen Missbrauchs mit unparteiischen Dritten zu teilen und zu behandeln. Voraussetzung ist eine objektive, erfahrene und professionelle Beratung, die multiperspektivisch (bio-psycho-sozial-spirituell) Hilfe anbietet.
Mein Angebot für Sie
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Wer wird meine Wahrheit hören?
Wer kann mir den Raum schenken,
den meine Worte ausfüllen möchten?
Wer kann den Raum offen halten für Worte,
die wie schneidende Scherben aus mir hervorbrechen,
und für Worte, die zögernd in die Welt stolpern,
unsicher, ob sie willkommen sind?
Kannst du diesen Raum für mich freimachen?
Kannst du deine Fragen, Ratschläge und
Wertungen im Zaum halten?
Kannst du mit mir auf die Wahrheit warten,
die sich hinter meiner Traurigkeit, meiner Angst,
meiner blockierten Erinnerung und
meinem Schmerz verbirgt?
Kannst du einen Raum für mich schaffen,
in dem ich meine Geschichte erzählen kann?
Das Buch des Vergebens – vier Schritte zu mehr Menschlichkeit;
Tutu/Tutu, 2014, S. 92 f.
Eine Positionierungskarte für eine solch ungewollte Heldenreise nach spirituellen Erschütterungen können Sie hier herunterladen.
Für die Evangelische Hochschule Tabor in Marburg habe ich als Gutachterin eine Bachelorarbeit zum Thema “Religiöser Missbrauch – ein Thema für die Soziale Arbeit?” begleitet. Die Arbeit entstand im Studiengang “B.A. Praktische Theologie und Soziale Arbeit”.
Morticia Morié ist darin der Frage nachgegangen, woran Betroffene religiösen Missbrauch erkennen können und wie im Rahmen Sozialer Arbeit Unterstützung gelingen kann. Auf der Grundlage Ihrer Arbeit hat sie einen Fragebogen entwickelt, welcher der Sensibilisierung und Entwicklung der Sprachfähigkeit Betroffener dient.